Zurück in die Zukunft – neue Einsatzdokumentation SPad eingeführt
Als vor etwa acht Jahren im Rettungsdienst des Main-Kinzig-Kreises die medizinische Datenerfassung eingeführt wurde, stellte der Schritt weg von der Papierdokumentation und hin zu modernen Tablets eine zukunftsweisende Entwicklung dar.
Das elektronische Protokoll bot damit insbesondere im Rahmen der medizinischen Qualitätssicherung und der Auswertbarkeit, aber auch bei der Abrechnung der Einsätze klare Vorteile gegenüber dem bisherigen Verfahren mit seinen drei Durchschlägen.
„Doch es ist wie immer: Wo Licht ist, ist auch Schatten“, sagt Stefan Betz, Geschäftsführer des DRK Rettungsdienstes in Hanau und begründet seine Aussagen mit den veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen: „Immer häufiger thematisieren wir die Gefahr länger andauernder Stromausfälle. Für unsere bisherigen Tablets an sich wäre das kein Problem, da sie über die Fahrzeugbatterie geladen wurden. Aber gerade bei der Übermittlung an die weiterversorgenden Einrichtungen per Fax stellt die Technik bei Ausfall der Telekommunikationsinfrastruktur natürlich ein gewisses Risikopotential dar.“
Hinzu kam, dass die bisher genutzte medizinische Datenerfassung nicht mehr den aktuellen Anforderungen entsprach. Somit schauten sich die Verantwortlichen für den Rettungsdienst im Main-Kinzig-Kreis nach einem alternativen System um – und fanden die Lösung in einem Verfahren, dass auf einer jahrhundertealten Technik basiert: sogenannte Schiefer-Tablets oder kurz ‚SPad‘.
Dabei handelt es sich um Tafeln aus Schiefer, die mit Kreidestiften beschrieben werden. Notfallsanitäter Roland Ritter ist begeistert: „Die neuen SPads bieten uns die Möglichkeit, alle relevanten Informationen auf einem Bildschirm zu erfassen – und das alles ohne auf den Akku oder sonstige technischen Details achten zu müssen.“ Auch Rettungssanitäter Kevin Wenzel sieht darin klare Vorteile: „Bei unseren alten Tablets hatten wir regelmäßig Probleme zu beklagen: Akkus, die in ihrer Funktionsfähigkeit nachlassen oder Protokolle, die durch einen Systemabsturz neu angelegt werden müssen, gehören nun der Vergangenheit an.“ Geschäftsführer Betz betont darüber hinaus, dass die neuen SPads auch den erhöhten Anforderungen des Rettungsdienstes deutlich besser gewachsen sind: „Wenn die bisherigen Geräte im Einsatz unglücklich hingefallen sind und das Display beschädigt wurde, konnte meist nicht weiter dokumentiert werden. Die Kolleginnen und Kollegen mussten sich auf der Wache ein Ersatzgerät besorgen und mit dem Protokoll von vorne starten. Hinzu kamen oftmals horrende Reparaturkosten.“
Notgallsanitäter Ritter ergänzt: „Fällt ein SPad einmal hin und zerbricht, dokumentieren wir eben auf den beiden Hälften weiter und nehmen uns im Laufe des Dienstes oder spätestens zum Dienstende ein Ersatzgerät aus dem Lager.“ Natürlich stellt sich an dieser Stelle die Frage, wie die Daten der SPads an die weiterversorgende Einrichtung oder den Rettungsdienstträger als qualitätssichernde Stelle übertragen werden. Die Lösung dafür ist so simpel wie einfach: Jede relevante Stelle wurde mit einfachen Digitalkameras ausgestattet, mit denen die Protokolle abfotografiert und dann an die EDV der entsprechenden Einrichtung übertragen werden. Rettungssanitäter Wenzel führt aus: „Endlich müssen die Krankenhäuser nicht mehr auf die Fax-Übermittlung der Rettungsdienstprotokolle warten. Ein kurzes Foto des SPads und alle relevanten Daten stehen ihnen auf Anhieb zur Verfügung.“
Wurde das Protokoll dann abfotografiert, wird das Tablet desinfizierend gereinigt und die Dokumentation damit entsprechend der datenschutzrechtlichen Anforderungen vom Gerät gelöscht. „Die alten Tablets haben die desinfizierende Reinigung überhaupt nicht vertragen. Und auch das Problem des vollen Speichers und fehlender WLAN-Anbindungen besteht mit den SPads nicht mehr“, berichtet Notfallsanitäter Ritter gleich über mehrere weitere Vorteile. Und auch Geschäftsführer Betz unterstreicht an dieser Stelle einen weiteren wichtigen Aspekt: „Wir haben in den vergangenen Monaten und Jahren gesehen, wie anfällig die weltweiten Lieferketten sind. Fehlt auch nur ein elektronisches Bauteil, kann das die Reparatur oder auch Beschaffung eines Ersatzgeräts gravierend verzögern.“ Er führt aus, dass es sich bei den SPads dagegen im Wesentlichen um ein Naturprodukt handele. Im Falle eines Lieferproblems bestehe daher die Möglichkeit, jemanden in die Eifel zu schicken, um sich in einem der dortigen Bergwerke selbst ein Schiefer-Tablet abzubauen.
Wie der Geschäftsführer abschließend ausführt, biete sich dieser Wandel ‚Back-to-the-roots‘ auch in anderen rettungsdienstlichen Techniken an und verrät, dass sich das DRK gegenwärtig an einem Projekt beteilige, in dem evaluiert werde, die zwar zuverlässigen, aber eben auch technisch anspruchsvollen digitalen Funkmeldeempfänger durch klassische Trommeln zu ersetzen.
April, April: Ihr habt es sicherlich gemerkt: Bei unserer neuen Einsatzdokumentation, die wir Euch vorgestellt haben, würde es sich natürlich sprichwörtlich um einen Sprung zurück in die Steinzeit handeln. Dabei war der Bericht über eine neue Einsatzdokumentation tatsächlich gar nicht so verkehrt. Seit März setzen wir mit Pulsation ein neues System ein, das aber natürlich, dem Zeitenwandel entsprechend, digital abgebildet wurde. Wir hoffen, Euch trotzdem ansatzweise in die Irre geführt zu haben ;).