Zwölf auf einen Streich: Einmalige Aufstockung der Auszubildendenstellen
In den vergangenen Jahren starteten bei der DRK Rettungsdienst Main-Kinzig gGmbH jeweils zum 1. April und zum 1. Oktober vier Nachwuchsretterinnen und -retter in die dreijährige Ausbildung zu Notfallsanitätern.
In diesem Jahr wurde die Zahl der Auszubildenden einmalig erhöht: Insgesamt zwölf junge Menschen absolvieren seit Anfang April ihre Lehrzeit im Unternehmen. Aus gutem Grund, wie Geschäftsführer Stefan Betz erläutert: „Nach derzeitigem Stand endet zum 31. Dezember 2024 die Übergangsfrist nach der Rettungsassistentinnen und -assistenten als verantwortliche Kraft auf den Rettungswagen und Mehrzweckfahrzeugen in Hessen eingesetzt werden dürfen. Da wir mehrere Kolleginnen und Kollegen in dieser Funktion haben, die bis zu diesem Zeitpunkt aus verschiedenen Gründen keine Ergänzungsprüfung für die Notfallsanitätertätigkeit mehr absolvieren werden, gilt es bereits heute vorzuplanen.“
Als Vorläufer des heutigen Berufsbildes der Notfallsanitäter stellte die Tätigkeit der Rettungsassistenten bis zum Jahr 2013 die höchste Qualifikation im bundesdeutschen Rettungsdienst dar. Die damals zweijährige Ausbildung konnte noch bis Ende des Jahres 2014 begonnen werden. Fertig ausgebildeten Kräften wurde die Möglichkeit eingeräumt, je nach vorhandener Berufserfahrung, unterschiedlich umfangreiche Vorbereitskurse mit anschließender Ergänzungsprüfung zu Notfallsanitätern zu absolvieren. Die damals vorgesehene siebenjährige Übergangsfrist für diese Ergänzungsprüfungen wurde zwischenzeitlich noch einmal um drei Jahre verlängert und endet nun mit dem Jahr 2024.
Der Geschäftsführer schildert als beispielhafte Gründe, weshalb Kolleginnen und Kollegen auf eine Ergänzungsprüfung im verbleibenden Zeitraum verzichten, dass Mitarbeitende sich im Hinblick auf ihr weiteres Berufsleben in der letzten Phase befinden und der verdiente Renteneintritt in wenigen Jahren erfolgt. „Da ist es nachvollziehbar, wenn sich Mitarbeitende in dieser Situation nicht einer weiteren Prüfung zur Erlangung einer Qualifikation stellen möchten. Sie verfügen über einen großen praktischen Erfahrungsschatz und werden diesen auch weiterhin im Unternehmen einbringen.“
Er betont, dass mit dem jetzt unternommenen Schritt aber nicht nur die Thematik der Ergänzungsprüfungen ausgeräumt werden solle: „Die Notfallsanitäterausbildung an sich ist schon sehr anspruchsvoll. Nach erfolgreichem Bestehen startet man dann in eine physisch und psychisch herausfordernde Tätigkeit. Obwohl der Beruf an sich sehr interessant ist, sehen viele ihren Verbleib darin nicht bis zum Rentenalter.“ Hinzu komme, wie Betz ausführt, dass den Absolventen durch die qualitativ hochwertige Ausbildung auch andere Türen offenständen: „Ein sich anschließendes Studium, häufig im Bereich der Medizin oder der Medizinpädagogik, oder andere Tätigkeiten im Gesundheitswesen führen zu einem Verlust der für das Gesamtsystem wichtigen Fachkräfte.“ Hinzu komme, dass sich für die jungen Absolventen früher oder später häufig im privaten Umfeld auch das Thema der Familienplanung ergibt. Wenn dann eine Schwangerschaft vorliege, könne die betreffende Notfallsanitäterin meist nicht, wie in anderen medizinischen Berufen üblich, in einem anderen Bereich eingesetzt werden. „Eine Weiterbeschäftigung im Rettungsdienst ist per se ausgeschlossen, da wir nie wissen, was der nächste Einsatz mit sich bringt. Im Regelfall erfolgt daher ein Beschäftigungsverbot zum Schutz der werdenden Mutter und des ungeborenen Kindes.“
Mit dem neuen Ausbildungsjahrgang sieht Betz einen entscheidenden Schritt für das Unternehmen: „Der Arbeitsmarkt für Notfallsanitäterinnen und -sanitäter ist bereits seit Jahren sehr angespannt. Stellenausschreibungen verhallen ohne nennenswerte Reaktionen, sodass die Ausbildung das einzig wirklich hilfreiche Instrument ist, um rettungsdienstlichen Nachwuchs in dieser Funktion zu erhalten. Dabei können wir uns glücklich schätzen, dass wir 2014 direkt im ersten Jahr des Bestehens in die Ausbildung eingestiegen sind. Diese frühen Erfahrungen waren wegweisend.“ Dabei bezieht er sich auf die Anzahl der Ausbildungsplätze, die im ersten Jahr bei drei lag und aufgrund des erkannten Bedarfs bis zum Jahr 2018 auf jährlich acht gesteigert wurde. Nun also der Schritt auf 16 – mit zwölf Auszubildenden zum Start am 1. April und dann den üblichen vier Auszubildenden zum 1. Oktober. Der Geschäftsführer sieht das Unternehmen damit für die anstehende Änderung bei der Besetzung der Rettungswagen gut gerüstet. Die dreimonatige Zeitspanne zwischen der neuen Besetzungsregeln und dem Ausbildungsabschluss sieht er dabei nicht als Problem, da diese in die erfahrungsgemäß ohnehin schwächere Urlaubszeit falle.
Eine Rückkehr zu den jährlich acht Ausbildungsplätzen ist übrigens noch nicht sicher, da gegenwärtig eine dauerhafte Erweiterung auf zehn Plätze ab dem Jahr 2023 mit jeweils fünf Auszubildenden im April und Oktober geprüft werde und zur Umsetzung kommen soll.
Michael Kaletta als Bereichsleiter für die rettungsdienstliche Aus- und Weiterbildung sieht in dem neuen Jahrgang eine spannende Kombination zwischen Erfahrung und Neubeginn: „Sechs der zwölf Auszubildenden waren bereits vor dem 1. April bei uns im Unternehmen als Rettungssanitäterinnen und -sanitäter tätig. Für die anderen sechs stellt der Einstieg in den Rettungsdienst etwas vollkommen Neues dar.“ Jedoch unterscheiden sich auch innerhalb dieser zwei Gruppen die Werdegänge zum Teil erheblich: So hat beispielsweise ein Auszubildender, der zuvor als Rettungssanitäter tätig war, bereits ein Bachelor-Studium absolviert, während eine Neueinsteigerin erfolgreich die zweijährige Ausbildung zur Podologin abgeschlossen hat.
Gemeinsam mit mehreren Kolleginnen und Kollegen in der Funktion von Praxisanleitern wird Kaletta die Auszubildenden in den kommenden drei Jahren betreuen und sieht dies zweifelsohne als Herausforderung: „Gerade in der Dienstplanung werden uns zwölf Auszubildende in einem Jahrgang immer mal wieder vor Herausforderungen stellen. Gerade wenn sie in ihrem Wechsel zwischen Schul-, Klinik- und Rettungsdienstblöcken parallel zu anderen Jahrgängen im Betrieb anwesend sind, erschwert dies die Planung enorm, da pro Fahrzeug nur ein Auszubildender eingesetzt werden kann und darf. Allerdings sind wir uns alle im Betrieb sicher, diese Herausforderung meistern zu können und dass sich die damit verbundenen Mühen lohnen, um uns ab dem Jahr 2025 wichtige personelle Ressourcen zu bieten.“